Freitag, 12. Dezember 2025

Annie Ernaux, Das andere Mädchen

„Lieb bedeutete auch zärtlich, anschmiegsam, »amitieux«, wie man im Normannischen über Kinder und Hunde sagte, »verschmust«. Ich hingegen war im Umgang mit Erwachsenen distanziert, ich beobachtete sie und hörte ihnen zu, statt sie zu umarmen, also galt ich nicht als lieb. 
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Sechzig Jahre später stoße ich mich immer noch an dem Wort, versuche ich, seine Bedeutung in Bezug auf dich und auf sie zu entschlüsseln, dabei war sein Sinn damals unmissverständlich, und es veränderte von einem Moment auf den anderen meinen Platz in der Welt. Zwischen ihnen und mir stehst von nun an du, unsichtbar, angebetet. Ich muss dir weichen, werde an den Rand gedrängt. In den Schatten gedrängt, während du oben im ewigen Licht schwebst. Ich, die Unvergleichliche, das Einzelkind, werde verglichen“. — Ernaux, Annie. „¬Das¬ andere Mädchen.“ Suhrkamp Verlag, 2023, p. 13 


Dieses sehr kurze Buch bzw. dieser sehr lange Brief an eine nie kennengelernte Schwester der Literaturpreisträgerin Annie Ernaux las sich für mich angenehm und gewissermaßen geschmeidiger als ich es im Vorhinein vermutet hätte. Damit gestehe ich, dass ich mich  Literatur-NobelpreisträgerInnen jüngeren Datums jeweils mit einem gewissen Misstrauen nähere wegen der gelegentlichen Beobachtung, dass sie sich dem flüssigen Lesegenuss nicht selten auch entgegenstellen. 

Eine sehr distanziert-beobachtende und dennoch emotionale Betrachtungsweise, die Abstand wahrt. Angenehm fließend zu lesen, der zweifelsfrei bis in Kleinstigkeiten exakt beherrschte Sprachgebrauch trotz offensichtlich ebenfalls gekonnter Übersetzung aus dem Französischen nicht in Frage zu stellen. 

Ob ich weiteres von ihr lesen werde … bin ich mir trotzdem noch nicht sicher … denn ihr in den Werken vorherrschendes Thema „Familie“ (insb. „Auseinandersetzung  mit der Mutter“) gehört nicht zu dem, was bei mir sofort andockt. Das ist ja doch sehr individuell.


👼🏼

Sonntag, 7. Dezember 2025

Elina Penner, Die Unbußfertigen

Ein Roman literally krass smooth … also ich meine: savage, richtig slayed … eben next level!

In der Tat musste ich gelegentlich die einigen der Protagonisten in den Mund gelegten Trend- und Jugendwörter nachschlagen. Was aber Spaß gemacht hat. Und keine Sorge: die reden nicht alle und nicht die ganze Zeit so. 

Dass aber auch die Sprache den jeweiligen Handelnden absolut glaubhaft auf den literarischen oder digitalen Leib geschrieben ist, gehört zu den starken Seiten des Buches. Beim Lesen kommt kein Zweifel auf, dass die Autorin - Elina Penner -  weiß, wie Schreiben und dabei mit sprachlichen Mitteln auf mehreren Ebenen gekonnt  Spielen funktioniert. Ich bin beeindruckt.

Inhaltlich oft scharfsinnig, manchmal für meinen Geschmack auch ein bisschen drüber. So in Richtung kinda off oder mad cringe. Gehört aber eindeutig dazu, das auch Provokante dran.

Wie kam ich drauf? Ein Newsletter mit Vorab-Veröffentlichungsankündigungen und die Leseprobe nach der geweckten Neugierde. Sofort in der Münchner Onleihe nachgesehen, ob‘s dort schon zu haben ist. War nicht (inzwischen gibt‘s vier onleihe Exemplare und alle sind verliehen). In der Stadtbibliothek war in der Zentrale ein Exemplar schon vorbestellbar mit Lieferung an auch „meine“ übliche Zweigstelle (diesen BibliotheksService - kostet 1,25 € pro Buch - nutze ich häufiger). 

Noch steckte es bei meiner Vormerkung im Erfassungsprozess; als es vergangene Woche abholbereit war, stellte ich fest, dass ich eindeutig die erste Leserin desselben bin denn es war komplett ungelesen, das Lesebändel quasi druckereineu eingeklemmt. Inzwischen - auch das ist rausfindbar - gibt es sieben Vormerkungen darauf.

Nun, es liest sich rasant, macht Spaß, ist klug und gleichzeitig höchst unterhaltsam auch für eine, die außer diesem „Blogimperium“ hier (so hat es kürzlich Jörg genannt ;) mit Social Media, Influencertum und allem, was so dranhängt an Plattformen etc.  nicht allzu viel am PraxisHut hat. Die meisten der von mir gefundenen Rezensenten sehen es ähnlich. (Ich lese die oft erst im Nachhinein)..

Eine etwas relativierende und damit auch hier und da kritischere Stimme fand ich auch. Man muss dabei niemandem „Recht geben“ und ich bin mir nichtmal sicher, ob ich mir eine vollständige Meinung dazu gebildet habe. Ist mir aber wie gesagt nicht so wichtig. Ich bin lowkey obsessed. Weil‘s den vibe check bestanden hat und peak ist :o) Dass ich es als Hardcover gelesen habe … passte mega.

🛜




Donnerstag, 4. Dezember 2025

Katharina Peters, Hafenmord

Es ist ein Erstling der seit 2012  unter dem Pseudonym Katharina Peters veröffentlichenden Schriftstellerin. Inzwischen hat sie weitere mehr als dreißig Krimis unterschiedlicher Reihen veröffentlicht.

Heimat- bzw. Regionalkrimis kamen Mitte der 80er Jahre auf, die erste Welle schwappte Anfang der 90er Jahre hoch; der Trend hält bis heute an.

Anfang der neunziger Jahre lebte ich in Münster ganz in der Nähe des dieses Genre aufgreifenden Jürgen Kehrer, der damals seinen ersten Wilsberg-Krimi veröffentlichte. Ich las ihn und fand ihn … unglaublich schlecht! Hölzern, mühsam, sprachlich alles andere als flüssig …

Warum ich das hier schreibe? Weil auch dieser Autor - wie die meisten wissen werden - ein erfolgreicher Autor vieler weiterer  Romane, die zu großen Teilen verfilmt wurden,  Drehbüchern und anderer Veröffentlichungen ist. Schon die Wilsberg-Folgeromane (als Münsteranerin und an Büchern interessierte las ich sie natürlich trotz des ersten Verrisses weiter und verfolgte einige Jahre die Entwicklung) wurden von Buch zu Buch flüssiger, besser zu lesen, unterhaltsamer und griffiger. Schreiben ist wie andere Handwerke auch eine Tätigkeit, für die ein gewisses Grundtalent selten reicht. Es braucht Übung und Tun. Sitzfleisch, Fleiß, Konzentration über längere Zeiträume hinweg … Eigenschaften, die ich durchaus anerkenne und streckenweise auch beneide, da sie mir weitgehend bis komplett abgehen.

Damit jetzt zum “Hafenmord” von Katharina Peters. Auch diesen Erstling fand ich hölzern und mühsam. Wenn auch die Handlungsstränge alle logisch verfolgt wurden, schienen sie mir streckenweise regelrecht langatmig herbeigezwungen und dadurch langweilig weil lange vor Auflösung offensichtlich im Ergebnis. Das ganze wirkt wie eine Fleißarbeit, aus der irgendwann solides Krimi-Handwerk werden könnte. 

Die durchgängige Dialogform der anfangs kaum auseinanderzuhaltenden Protagonisten angereichert mit gewollt lebendig wirkenden aber im Ergebnis eher lächerlich-überzogen daherkommenden Handlungs- und Mimikbeschreibungen.

Es wird “geblickt” was das Zeug hält und zwar: “sehnsüchtig, nervös, starrend, eindringlich, forschend, vielsagend, abwiegelnd”  .. aber auf jeden Fall auf jeder Seite ziemlich oft, unterschiedlich und reich an Mimik. Oft auch gestarrt und natürlich auch das meistens adverbial untermauert.

Gelacht wird grimmig, dröhnend, bitter, unfroh, zuvorkommend, hintergründig, vergnügt, unbekümmert, herzhaft. Extrem oft ist die Stirn dabei gerunzelt, die Lippen sind pikiert gespitzt, aufeinandergepresst


Das häufige Lächeln ist mild, dünn, zynisch, verbindlich, scheu, strahlend, sehr oft verschmitzt, ironisch, breit, strahlend, zart, winzig … 


Dabei blähen Wangen sich auf, färben sich unterschiedlich oder werden fleckig. Das Kinn wird gerieben, geknetet, gehoben … lediglich die Nase ist erstaunlich unbeteiligt an all der mimischen Akrobatik.


Für mich machte das die Handlungsträger weitgehend persönlichkeitslos. Sie bestanden aus seltsamer Mimik, übertriebener Gestik und streckenweise melodramatischen Handlungsmustern.


Manchmal lief es seitenweise auch deutlich flüssiger, besser les- und vorstellbar. Nie fand sich eine … Abstraktion von Themen z. B. Irgendwas, das erstaunte, erheiterte oder Unbekanntes vermittelte. 


Wie bereits geschrieben: es ist ein Erstling und vermutlich müsste ich spätere Romane lesen um mich  einem Urteil über die Autorin und ihr schriftsprachliches Vermögen annähern zu können. Was ich aber vermutlich nicht tun werde. Über mehr als “solides Handwerk” wird es nie herausgehen, nehme ich aus Gründen an und in dieser Hinsicht bzw. derart aufbereitet zieht es mich nicht zu Krimis oder anderen Romanen. 


Es ist  Strand- und Urlaubslektüre für diejenigen Gelegenheitsleser, die ihren Urlaubsort in einem Krimi erlesen möchten und dafür taugt es. Persönlich lese ich in dieser Hinsicht gerne etwas mehr Esprit.  Inhalte mit hier und da Tiefgang und literarischem Anspruch. Sowas gibt‘s durchaus gelegentlich als Krimi. Wenn auch leider eher selten.





⚓️





Montag, 1. Dezember 2025

Emma Steele, Während ich hier bin

Wie kam ich eigentlich darauf, diesen Titel auszuleihen? Die gute Bewertung? Das Cover? Weiß nicht mehr …

Heftiger könnte ein Kontrast zum davor gelesenen Buch kaum sein. Schwer auszuhalten, dass beides unter der Bezeichnung “Buch” existiert. Vom Sprachmeister mit Intellekt in jedem Buchstaben zum Tiefpunkt des Missbrauchs der dauerherzpochenden Sprache bei andauerndem Augenfunkeln und -leuchten oder -glitzern usf. Ob das Verbrechen nur von der Autorin begangen wurde oder die Übersetzer sich als Trittbrettfahrer mitschuldig gemacht haben, kann ich nicht beurteilen.

Der Plot gar nicht sooo schlecht zusammengeschustsert: Spenderherzempfängerin wird durch eine Art Persönlichkeitsübertragung in den Körper ihrer Herzspenderin transferiert und lebt dort deren letztes Jahr in fremdem Körper mit / nochmal / parallel? … das bleibt ein bisschen offen.

Die klischeehafte sprachliche Umsetzung aus unterster Billigheftschublade, das drumherumgeschusterte Liebesdramolett, die hölzern-unglaubwürdigen Puppenfiguren … eine Zumutung. Eine Besprechung des Buchs habe ich gefunden, die ich gerne als ganz meine Meinung verlinken möchte.

Warum habe ich es nicht einfach nach wenigen Seiten vom Tablet gelöscht? Weil ich neugierig war, was aus der Grundidee gemacht wurde und wie der Ausstieg / das Ende aussehen würde. Drübergeflogen an einem Tag, Handlungsstränge verfolgend, Dialoge und Charakterdarstellungen samt gruseliger Sprachmuster im Drüberflug durchleidend … ging’s aber auch schnell und war in einem Tag durch.

Nun, die Autorin scheint sich - warum auch immer - zu verkaufen und der Erfolg ihrer Bücher gibt ihr auf seine eigene Weise in einer eigenen Sparte recht. Für meinen Geschmack wäre es eine gute Idee, wenn sie ihre durchaus schlüssig-durchdachten Plots jemandem weiterreicht, der/die sie sprachlich erträglicher umzusetzen vermag.



😩😖




Max Goldt, Aber?

Jetzt mal echt: ich trau’ mich nicht! Also: was banales über so einen Sprachgroßmeister zu schreiben. Schon gar nicht irgendwas, das in Richtung “Bewertung” oder Notengebung geht. Also erstmal gelesen, was die anderen über den Menschen und sein neues Buch so schreiben. Übrigens fast nur Männer, die Rezensenten. Kann Zufall sein; glaub’ ich aber nicht wirklich. 

Ist schon auch was dran an der Betitelung  “alter weißer Mann”. Ich fand die sehr unterschiedlichen Texte trotzdem meistens klug aber vor allem unterhaltsam. Unangepasst. Auf jeden Fall werde ich mir eine Lesung im kommenden Jahr antun. Karte ist schon gekauft. Bin schließlich alte weiße Frau. 

“Ärgerlich ist, daß die bloße Bereitwilligkeit zu lachen meist mit dem Vorhandensein von Humor gleichgesetzt wird. Ich schau mir schon lange die Menschen an und kann nicht feststellen, daß solche, die mit Humor gesegnet sind, häufiger oder lauter lachen als andere.” — Goldt, Max. „Aber?.“ dtv, p. 17


Neues zu lernen gab’s für mich natürlich auch. Z. B., was ein Pasquill bzw. Pasqillant ist. Vorher nie gehört gehabt.


⁉️


Freitag, 28. November 2025

Jasmin Schreiber, Marianengraben


Der Deutschlandfunk nennt diesen autofiktionalen Erstlingsroman von Jasmin Schreiber  “eine Roadnovel”, was ich passend finde.

Es geht um das Weiterleben nach einem großen Verlust, Trauerbewältigung, tiefe Geschwisterverbindung, Schuldgefühle bis hin zur Todessehnsucht, Nähe <-> Distanz und das ganze verteilt auf zwei sehr unterschiedliche individuelle Lebensgeschichten: jung - alt. Mann - Frau. .. Mit Gemeinsamkeiten.

Bisschen exzentrisch-verrückt wenn auch nicht in allen Punkten realitätsnah (was nicht stört sondern unterhaltsam ist)  zusammengestrickte Geschichte.



🦑 🐡



Freitag, 21. November 2025

Milena Michiko Flašar: „Oben Erde, unten Himmel“

Die Kritiken zum Roman von  Milena Michiko Flašar überschlagen sich vor Begeisterung und Bewertungen unter fünf Sternen finden sich quasi gar nicht zu dem Buch. 

Und das zu RECHT!

Deshalb empfehle ich auch allen Interessenten, sich Berichte dazu (s. Link oben) oder die gesammelten Rezensionen beim Perlentaucher durchzulesen. Allzu ausführlich möchte ich hier nicht werden.

Was mich zum Vormerken und dann Ausleihen konkret bewogen hat, weiß ich wie so oft nicht mehr. Es war wohl ein “Mehrfachbeschuss” - auch Doris hat es auf ihrer Leseliste (würde mich übrigens interessieren, ob und wie du es in Erinnerung hast).

Es fing beschaulich an, das Interesse beim Lesen. Gefiel mir zwar direkt aufgrund der wirklich schönen - einerseits heiter-harmonisch-innigen, andererseits auch distanziert-beoachtend-wertfreien Sprache -  ein Highlight schien es mir zunächst aber noch nicht zu sein. Bis der Moment kam, an dem ich mich tief berührt fühlte - und ich werde diese Stelle weder zitieren noch nennen weil viel zu persönlich. Danach gab es keinen Lesemoment mehr ohne dieses “Verwoben-Gefühl”.

Ich habe das Buch als Festausgabe gekauft noch bevor ich das geliehene eBook zu Ende gelesen hatte.

Eine andere Stelle - keine wirklich besondere - möchte ich aber zitieren weil mir ebenfalls sehr gefällt,  ohne Belehrtwerden-Gefühle kleine aber feine Inhalte dazugelernt zu haben.

»Ach, lassen Sie doch!« Herr Sakai versuchte ihn hochzuziehen. Aber Takada blieb im Fersensitz. Mit gesenktem Kopf, der immer tiefer sank, die Hände vor sich abgestützt, entschuldigte er sich für die Unannehmlichkeiten, die er uns bereitet hatte. Noch nie – außer im Film – hatte ich jemanden den Dogeza ausführen sehen. Im Film war er eine dramatische Einlage, und das war er auch in der Realität. Niemand wusste so recht, wie er damit umgehen sollte. Eine peinliche Stille trat ein. »Entschuldigung angenommen«, sagte Herr Sakai schließlich, und die entstandene Spannung war gerade dabei, sich zu verflüchtigen, als er hinzufügte: »Unter einer Bedingung!« »Ja?« »Sie kaufen sich ein neues Paar Schuhe.« Wir lachten erleichtert auf.      (— Flašar, Milena Michiko. „Oben Erde, unten Himmel.“ Verlag Klaus Wagenbach, 2022-12-01, p. 113)



Samstag, 15. November 2025

Nadia Mikail; Katzen, die wir auf unserem Weg trafen

Katzen gehen bekanntlich immer und bunt-flippige Cover bei mir ebenfalls. Nur deshalb habe ich es ausgeliehen, das mit einem Kinder- bzw. Jugendbuchpreis versehene Erstlingswerk der jungen malaysischen Schriftstellerin Nadia Mikail.

Zugegeben .. ein wenig “betrogen” habe ich mich  beim Lesen gefühlt. Lediglich eine zugelaufene Katze - “Flohsack” - spielt eine eher undankbare und untergeordnete Nebenrolle. Dass dann auch noch Flöhe und Läuse - beides hat die Katze nicht - synonym verwendet werden, mag der Übersetzung geschuldet sein, störte mich aber ein bisschen. “Bunt” kam es mir innen ebenfalls nicht vor, das Buch. Auch, dass das geliehene Wohnmobil etwas bunt dekoriert ist, kam als Thema nur in einem Nebensatz vor.

Mir erschienen  die Charaktere nicht allzu lebendig sondern mehr schemenhaft umrissen.

Die Handlung bedächtig dafür, dass die Themen Pubertät mit all ihren emotionalen Berg- und Talfahrten, erste Liebe, Lebensplanungen aber in allererster Linie Familienbindungen, Verlassenheit, Beschädigungen durch ziemlich unvollkommen agierende und bereits gestorbene Elternteile, behandelt werden.

Wie ruhig und höflich alles vergleichsweise daherkommt bei gleichzeitig auch drastischen Brüchen untereinander, das fand ich schon irgendwie interessant. Scheint es mir doch ein Zeichen der kulturellen Unterschiede zu sein. In unserer Kultur eher nicht ganz so hoch aufgehängt aber dort Zentralthema: die extremen Familienbindungen mit den tiefen Bedeutungen in auch verzweigte Vergangenheiten, die Persönlichkeiten ausbilden und ausmachen. Geschichten der Vorfahren, die Identitäten erschaffen und festigen.

Ob es in unserer Umgebung und Kultur Jugendliche fesseln kann? Mir erscheint das ziemlich unwahrscheinlich. Aber vielleicht irre ich mich auch …



🌍 ☄️



Dienstag, 11. November 2025

Joachim Meyerhoff, Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war

Vermutlich irgendwas zwischen autobiographisch und autofiktional angesiedelt ist dieser Roman von Joachim Meyerhoff.

Was er auf jeden Fall ist: unterhaltsam, anrührend, von jemandem geschrieben, der’s kann :)

Alles, was ich dazu ergooglet habe aus Neugierde oder dem Wunsch, damit verbundene Themen nachzuverfolgen, stimmte jedenfalls mit dem im Buch Geschilderten absolut überein. 

Es ist der zweite Band eines sechsteiligen Romanzyklus, von dem ich mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit noch weitere lesen werde denn hier passierte mir wieder, was ich so sehr mag: dass ich mit dem Lesen nicht aufhören möchte … immer so … “ach, ein Kapitel noch .. und noch eins …” und “huch! So spät schon … ich wollte doch längst schlafen…” oder alles hastig zusammenraffend  “Ups .. ich muss ja aussteigen, bin schon an der Haltestelle …”

Es wird die komplette Klaviatur der Emotionen bedient von Erheiterung (bei mir häufig mit lautem Lachen verbunden), Ergriffen- bzw. Betroffenheit aber auch Traurigkeit und Verärgerung. Es ist leicht, so richtig mitzugehen beim Lesen. Fand ich jedenfalls. Und habe keine Ahnung mehr, wie, wo und wann mir das Buch über den Weg gelaufen und dadurch auf meiner Onleihe-Merkliste gelandet ist.


🧒 🤪 👨🏼‍🦲






Samstag, 8. November 2025

Katie Kitamura, Intimitäten

Titel und Einband suggerieren meiner Meinung nach “Intimitäten” eher partnerschaftlicher und womöglich sexueller Natur. Um solche dreht sich das Buch aber nicht in erster Linie sondern um Intimitäten, die beim Dolmetschen entstehen können.

Wobei die Hauptthematik, die ich aus Katie Kitamuras Buch herauslas, sich auch allgemein um eine Persönlichkeit mit wenig vorhandener Fähigkeit zur “Abgrenzung gegenüber dem jeweiligen Gegenüber” drehte. Dazu um den Wunsch nach “Heimatbindung” infolge gefühlter Wurzellosigkeit.

…. Sätze, die mir zahllose Male durch den Kopf gegangen waren, die ich geglaubt hatte aussprechen zu müssen, sagte ich bloß: Ja, ich verstehe das schon.

Ich konnte alles verstehen, unter den richtigen Umständen, bei dem richtigen Menschen. Es war eine Stärke, und zugleich war es eine Schwäche. — Kitamura, Katie. „Intimitäten.“ Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, 2022, p. 177


Ich las es in mehreren Etappen mit längeren Lesepausen dazwischen. Es ist ein ruhiges Buch und war jeweils nicht sonderlich einprägsam. Jedesmal musste ich mich “neu reinfinden”. Tat es aber immer recht gerne und trotz nicht allzu rasanter Handlung war das Bedürfnis vorhanden, es bis zum Ende auch fertigzulesen.


👂🏻