Montag, 12. Mai 2025

Brit Bennett, Was fange ich bloß mit guten weißen Menschen an?


„Ich vertraue keinen einfachen Geschichten, auch solchen nicht, die mir ein gutes Gefühl geben. Am Ende fühlen wir uns alle wohler, wenn wir uns in die Welt zurückziehen, die wir glauben zu kennen. Deswegen ist Literatur zurzeit so wichtig. Sie reißt uns aus unserer Welt heraus und transportiert uns in eine andere.“

Sechs - recht kurze -  Essays zum Thema Rassismus und Diskriminierung aus der sehr analytisch-komplexen mit persönlichen Anteilen verbundenen Sicht einer schwarzen amerikanischen Autorin.

Viel behandelt den typisch amerikanischen Hintergrund der Rassentrennung, Geschichte der Sklaverei, aktuelle rassistische Gewaltvorfälle, ihre eigene Familiengeschichte, Ku-Klux-Klan bis hin zur politischen Lage und die amerikanischen Präsidenten von Bush über Obama bis Trump.

Und obwohl diese typisch amerikanischen Schilderungen auf den ersten Blick nicht übertragbar auf die eigene Welt scheinen, wurde zumindest mir beim Lesen immer wieder auch sehr klar und deutlich vor Augen geführt, dass diese “rassistischen Mikroaggressionen”, diese - oft selbst als wohlmeinend empfundenen Alltagsüberheblichkeiten und Gönnerhaftigkeiten -   universell sind und auch in unserer Gesellschaft den “anderen” gegenüber. Den Dazugekommenen, den unterprivilegierten oder denen, die man auf den ersten Blick wegen des Äußeren dafür hält und es gelegentlich dann auch revidieren muss.  Denen mit einer weniger geschützten Vergangenheit und oft auch Gegenwart als wir selber sie haben und die wir für uns als Selbstverständlichkeit reklamieren. Wenn nicht mit Worten, dann mit spontanen Gedanken und Handlungsabweichungen bei optischen, sprachlichen o. ä. “Abweichungen” des Gegenüber. 

Da wirkt auch bei mir .. ja, was ..? der genetisch eingepflanzte “Peargroup-Code” (ist jetzt kein Zitat aus dem Buch sondern von mir gerade als Wort assoziiert), die Erziehung, die Mikroinfiltration über immer Gesehenes und Gelebtes? Keine Ahnung - aber es ist gar nicht so schlecht, sich das ins Bewusstsein zu holen ab und zu und einen Schritt zurücktretend auf eigene Gedanken und Handlungen zu sehen. Dazu verhilft die Sicht Brit Bennetts in ihren Essays auf jeden Fall.


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