Samstag, 2. August 2025

Doris Dörrie, Die Reisgöttin

Es ist ein schmales Buch mit kleinen entzückenden Geschichten über Dinge, die Doris Dörrie als bekennende Sammlerin herumstehender und vom Nutzwert erstmal fraglichen Mitbringsel, unterwegs sieht und mitnehmen muss.

Und mittendrin saß die kleine kaputte Plüschkatze mit den blauen Augen und ihrem seltsam zuversichtlichen Blick. Sie konnte schon damals nicht mehr laufen, ihre Beine sind eingeknickt, ihr Fell ist räudig, aber mit ihrem Blick hatte sie mich sofort erwischt. Mich rührt sie nun seit Jahren Tag für Tag mit ihrer unerschütterlichen Zuversicht. Woher nimmt sie sie?, frage ich mich. Zuversicht ist ein so schönes Wort und eine so schwierige Angelegenheit. Mir scheint, man braucht ein gewisses Maß an Beschädigtsein, um wahre Zuversicht entwickeln zu können. Der, dem noch nie etwas Schlimmes zugestoßen ist und der sich auch nichts Schlimmes vorstellen kann, braucht keinerlei Kraftanstrengung, um optimistisch aus der Wäsche zu gucken. Aber wenn derjenige, den das Leben schon ziemlich verbeult hat, dennoch zuversichtlich schaut wie meine türkische Katze, dann ist das einfach ziemlich tapfer. — Dörrie, Doris. „¬Die¬ Reisgöttin.“ Diogenes Verlag AG, p. 15




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